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Stand: 19.09.2024 von Hannes Zipfel
Mit der ersten Zinssenkung seit über fünf Jahren läutet auch die mächtigste Notenbank der Welt, die US-FED, eine Zinswende nach unten ein. Der "große" Zinsschritt ist aus mehreren Gründen spektakulär und lässt viele Fragen offen. Uns interessiert vor allem, was diese Zinswende für den Goldpreis bedeutet?
Goldpreis-Allzeithoch nach US-Zinswende – wie geht‘s weiter?

Goldpreis knackt erstmals 2.600er-US-Dollar-Marke

Knapp eine halbe Stunde nach Bekanntwerden der Zinssenkung der US-Notenbank (FED) um 0,5 Prozentpunkte (50 Basispunkte) auf eine Zinsspanne von nun 4,75 - 5,00 Prozent p. a. erreichte der Goldpreis in der Weltleitwährung ein neues Allzeithoch bei 2.600,09 US-Dollar pro Feinunze (31,1g):

Gold ATH intraday in US-Dollar 18.09.2024

Aktuell notiert das gelbe Edelmetall nach einem Rücksetzer wieder erholt nur knapp unter seinem Rekordniveau bei 2.593 US-Dollar pro Unze.

Durch den sich im Zuge der US-Zinssenkung gegenüber dem Euro abschwächenden US-Dollar konnte der Goldpreis in Euro noch keinen neuen Preisrekord etablieren – notiert gleichwohl ebenso in dessen Nähe:

Goldpreise in Euro vs. Dollar 19.09.2024

In der Gemeinschaftswährung ist eine Unze Gold aktuell knapp 2.314 Euro wert (Spot-Preis).

Auch das zinslose Silber profitiert preislich von den sinkenden US-Dollar-Zinsen und notiert wieder über der Marke von 31 US-Dollar pro Unze:

Silberpreis in USD 19.09.2024

In der Gemeinschaftswährung müssen aktuell 27,30 Euro pro Unze am Spot-Markt für das weißglänzende Edelmetall bezahlt werden.

Was bedeuten die Zinssenkungen für den Goldpreis?

Bekanntermaßen wirft Gold keinerlei laufende Erträge ab – lediglich Wertzuwächse gegenüber den jeweiligen Landeswährungen können erzielt werden. Wird eine Währung, wie der US-Dollar zuletzt attraktiv verzinst und es fällt nach Steuern und Inflation sogar eine positive Zinsrendite ab, dann hat Gold meist das Nachsehen.

Man spricht in diesem Fall von Opportunitätskosten zulasten von Gold oder dem entgangenen Zins. Dazu kommen noch Lagerungs- und ggf. Versicherungskosten für das wertvolle Edelmetall.

Wenn dieser Zinsvorteil, wie momentan noch beim US-Dollar schmilzt, kann Gold reüssieren. Zumal bereits andere Faktoren aus den Bereichen Geopolitik und Weltwirtschaft dem Goldpreis in den letzten Jahren zunehmend Auftrieb verliehen und auch ohne Zinsen attraktive Renditen ermöglichten:

Go9ldpreis in Renditen in Euro bis 19.09.2024

Die oben beschriebene Korrelation zwischen der Goldpreis- und der Zins-Entwicklung lässt sich auch empirisch belegen:

Gold vs. US-Leitzins

Wichtig ist zudem, ob es sich um eine einzelne Zinssenkung handelt oder um einen Zinssenkungszyklus mit mehreren Zinsschritten. Aus dem Protokoll der Offenmarkt-Ausschuss-Sitzung der US-Notenbank (FOMC) geht hervor, dass bis zu fünf weitere Zinssenkungen Stand 18.09.2024 erwartet werden.

Das folgende Punktediagramm („Dot-Plot“) zeigt jedoch, dass sich die Leitzinserwartung der Ausschuss-Mitglieder, abhängig von der aktuellen Gemengelage, dynamisch ändern kann (Vergleich Juni '24 vs. Sept. '24) und die Zinsen sogar wieder auf Null fallen können. Zumindest war dies in den letzten beiden Zinszyklen der Fall. Damit wäre noch viel Luft bei den US-Zinsen nach unten.

Aktuelles „Dot-Plot“ der FOMC-Teilnehmer der US-Notenbank im Vergleich zur letzten Zinssitzung:

Dot-Plots 18.09.2024

Die Zinserwartungen haben sich klar nach unten Richtung drei Prozent im Jahr 2025 entwickelt. Ein Trend, der sich wie gesagt noch weiter Richtung Null fortsetzen kann.

Doch wie stark konnte der Goldpreis in den letzten Zinssenkungszyklen seit der Jahrtausendwende davon profitieren?

Goldpreisentwicklung in US-Dollar während Zinssenkungsperioden (grüne, transparente Balken):

Rendite Gold in Zinssenkungsperioden 19.09.2024

Da der Goldpreis in diesem Jahr in US-Dollar bereits um 25 Prozent und in Euro sogar um
29 Prozent angestiegen ist, stellt sich die Frage nach dem weiteren Preispotenzial?

Wie weit kann der Goldpreis noch steigen?

Die Antwort auf diese Frage erfordert die Anerkennung eines Paradigmenwechsels bei der Bewertung und v. a. der Wertschätzung des gelben Edelmetalls durch institutionelle Investoren (Zentral- u. Notenbanken, Investmentbanken, Fondsgesellschaften, Versicherungen, Stiftungen etc.) und private Goldkäufer.

Schon seit geraumer Zeit spielen die Zinsen hier nicht mehr die erste Geige. Viele neue Preisrekorde erreichte das gelbe Edelmetall bereits während des noch laufenden Zins-Erhöhungs-Zyklus seit 2022.

Paradigmenwechsel für Gold

Ein Paradigmenwechsel tritt auf, wenn etablierte Korrelationen und Erklärungsmuster nicht mehr funktionieren und durch neue ersetzt werden.

Bei Gold war lange Zeit klar, dass ein starker US-Dollar und steigende bzw. relativ hohe Zinsen (zuletzt auch nominal) das Gold gegenüber den staatlichen Währungen entwerten.

Dieses Paradigma wird seit der Weltfinanzkrise 2008 ff. von wirkmächtigeren Kursimpulsen überlagert:

  1. Ab 2010 der Wechsel der Zentralbanken von Netto-Verkäufern zu Netto-Käufern von Gold.
  2. Der Schock der Eurokrise machte speziell die Deutschen zeitweise zu Goldkaufweltmeistern.
  3. Die aufstrebenden BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) sowie osteuropäische Staaten, wie Polen, aber auch Staaten aus dem Nahen Osten sowie die Türkei reduzierten ihre US-Dollar-Devisenreserven z. T. massiv zugunsten von Gold (als Teil einer geopolitischen und ökonomischen Emanzipierungsstrategie).
  4. Die globale Verschuldung, gehalten von wenigen Superreichen und wenigen öffentlichen Entitäten hat gemäß dem Institute of International Finance (IIF; Global Debt Monitor) mit 315 Billionen US-Dollar ein untragbares und v. a. untilgbares Niveau erreicht. Daher tauschen Zentral- und Notenbanken massenhaft staatliche Schuldverschreibungen in werthaltiges Gold um.
  5. Da die Schulden weiter explodieren, die Zinsen aber sinken und die Gefahr der Inflation keinesfalls gebannt ist, gewinnt Gold immer mehr an Attraktivität als sicherer Vermögenshafen.
  6. Außerdem birgt die globale tektonische Machtverschiebung hin zu den BRICS+-Staaten, denen sich zuletzt auch das NATO-Mitglied Türkei angedient hat, erhebliche Unsicherheit bezüglich des Welthandels.
  7. Während der Covid-19-Pandemie startete zudem die De-Globalisierung und es kam zum Teil zu komplett unterbrochenen Lieferketten (ebenfalls ein Paradigmenwechsel).
  8. Mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine und dem Nahostkonflikt ist der Welthandel zusätzlich gestört. Ein Diktatfrieden Russlands scheint zudem in den Bereich des Möglichen zu rücken. Dies wäre ein Schock für den Westen und eine existenzielle Bedrohung des Verteidigungsbündnisses NATO.
  9. Vor allem, wenn der NATO-kritische Kandidat Donald J. Trump am 5. November 2024 erneut zum US-Präsidenten gewählt werden sollte oder es bei einer knappen Wahlniederlage Trumps zu innenpolitischer Instabilität bis hin zum offenen Bürgerkrieg kommen sollte (Erinnerung an den Sturm auf das Kapitol im Januar 2021).
  10. Durch die Ablehnung des US-Repräsentantenhauses eines Übergangshaushaltes bis März 2025 droht den USA zudem noch vor den Präsidentschaftswahlen der technische Bankrott (Government Shutdown).

USA schon wieder "technisch" pleite?

Das US-Repräsentantenhaus lehnte in der Nacht zum Donnerstag den Vorschlag für einen Überbrückungshaushalt bis März 2025 zur Abwendung einer Haushaltssperre ab.

Den USA droht damit noch vor den Präsidentschaftswahlen am 5. November ein Regierungsstillstand (Government Shutdown).

Die Finanzierung der Bundesbehörden ist nur noch bis Ende September 2024 gesichert.

Die Staatsverschuldung der USA beträgt Stand 19. September 35,39 Billionen US-Dollar. Das sind 560 Milliarden US-Dollar mehr als zum Ende des zweiten Quartals 2024 und 1,39 Billionen US-Dollar mehr seit Jahresbeginn 2024 (Quellen: U.S. Debt Clock, US-Finanzministerium, FED of New York).

Staatsverschuldung USA bid Q2 2024

Fazit und Ausblick

Ein "großer" Zinsschritt mit 0,5 Prozentpunkten statt den üblichen 0,25 Prozentpunkten so kurz vor den Präsidentschaftswahlen hat Seltenheitswert und zeigt, dass die US-Notenbank "hinter der Kurve" agiert (Zinsschritt kommt fast einer Notzinssenkung gleich).

Die Begründungen aus dem schriftlichen Statement der FED und den Aussagen von FED-Chef Jerome Powell während der anschließenden Pressekonferenz widersprechen sich zum Teil erheblich. Eventuell aus Rücksichtnahme auf den Wahlkampf, für den die Regierung in Washington gute Wirtschaftsnachrichten benötigt. Eine angeblich boomende Wirtschaft widerspricht jedoch einer großen Zinssenkung.

Der Zinsschritt um 0,5 Prozentpunkte war auch ein Tribut an die Märkte, die diesen mehrheitlich antizipierten.

Aber auch aus konjunkturellen Gründen und vor allem zur Aufrechterhaltung der Schuldentragfähigkeit war dieser absolut notwendig, wie die jüngsten, stark nach unten revidierten US-Konjunkturdaten zeigen.

Prognose: Es ist wahrscheinlich, dass die US-Notenbank schuldenbedingt immer mehr auf den Spuren der Bank of Japan wandelt, die trotz weltweit stark anziehender Preise in den vergangenen Jahren keinen Zinserhöhungszyklus mehr wagte (wegen der staatlichen Überschuldung).

Für die USA würde dies ein Szenario der Stagflation (wirtschaftliche Stagnation plus Inflation) bedeuten, gepaart mit weiter zunehmender geopolitischer Unsicherheit.

Eine Gemengelage, die für den sicheren Vermögenshafen Gold prädestiniert ist.



Autor: Hannes Zipfel
Ökonom
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von Jochen Weiss | 19.09.2024, 23:16 Uhr Antworten

Stimmt schon das der Goldpreis in Dollar so hoch ist wie geschrieben aber da haben wir ein Problem. Der Dollar besitzt keinen Wert in dieser Zeit. Der Wert in Euro zählt denn der Dollar ist tot!!!

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